Warenwert

image_pdfimage_print

1766 bei Adam Smith

„Die Arbeit allein ist das endgültige und reale Maß, woran der Wert aller Waren zu allen Zeiten geschätzt und verglichen werden kann.“ A Smith: Wohlstand, zitiert in KM1, S. 61, Fn 16

Kommentar: Der Begriff Arbeit hat mehrere Bedeutungen, in der Ökonomie als Synonym für eine Tätigkeit, in der Physik als Synonym für eine Größe. Eine Tätigkeit (z.B. Malen oder Tapezieren) ist etwas anderes als eine Energiemenge. Da Smith von der Arbeit als Maß spricht, muß er den Begriff Arbeit als Größe verwenden. Der Begriff ´Wert einer Ware´ wird ebenfalls als Größe verwendet, so daß der Warenwert ω gleich der Energiemenge E sei, die ein Arbeiter zur Herstellung der Ware W verbraucht hat. Dies ist prinzipiell möglich, aber relativ schwierig zu messen. Da er vom Wert des Ware spricht, ist leider nicht klar, ob er vom Produktwert oder vom Tauschwert der Ware redet. Der Begriff Ware impliziert den Austausch. Zum Tauschen braucht man aber mindestens zwei Waren, und der Tauschwert der einen Ware ist gleich dem Produktwert der anderen Ware.

„Immerhin kann man soviel sagen, daß gleiche Arbeitsmengen immer und überall von gleichem Wert für den Arbeiter sind1. … Arbeit allein ist somit der letzte und wirkliche Maßstab, nach dem der Wert aller Waren zu allen Zeiten und an allen Orten gemessen und verglichen werden kann2, da sie sich niemals in ihrem Wert verändert3.“ A Smith: Wohlstand der Nationen, zitiert in KM1, S. 61, Fn 16 und Zarlenga: Mythos, S. 231

Kommentar:
1 Im ersten Teilsatz spricht er von der Arbeitsmenge als Größe. In der Tat sind 2.000 kcal, die ein europäischer Arbeiter für seine Tätigkeit verbraucht, das Gleiche, wie die 2.000 kcal die ein japanischer Arbeiter verbraucht. Prinzipiell hätte Smith damit Recht.
2 Wir bleiben mal dabei, daß er von Arbeit als Größe spricht (und nicht im Sinne einer Tätigkeit), dann wäre auch der zweite Satz vollkommen korrekt. Wir könnten die Arbeitsmenge A1, welche eine Arbeiter zur Herstellung einer Ware W1 verbraucht hat, mit der Arbeitsmenge A2 vergleichen, die ein anderer Arbeiter zur Herstellung der Warenmenge W2 verbraucht hat.
3 Dieser Nebensatz ist leider nicht mehr ganz richtig. Wenn die Kartoffeln in den fruchtbaren Oderauen einfacher wachsen als in dem trockenen Sandboden der Lausitz, wo der Bauer ständig pflügen, gießen und jähten muß, dann steckt in den Oderkartoffeln weniger Arbeitsmenge als in den Lausitzkartoffeln.

„Auch wenn die Arbeit das wirkliche Maß für den Tauschwert aller Waren ist1, so wird ihr Wert2 gewöhnlich nicht mit ihrer Hilfe geschätzt3. … Es ist daher nur ganz natürlich, wenn man ihren Tauschwert nach der Menge einiger anderer Waren schätzt3 und nicht nach der Arbeitsmenge, die man damit Kaufen kann.“ A Smith: Wohlstand der Nationen, zitiert in Zarlenga: Mythos Geld, S. 231

Kommentar:
1 Hier spricht Smith nicht mehr vom ´Wert der Ware´, sondern auf einmal vom Tauschwert – und es wird nicht geklärt, ob der ´Wert der Ware´ für ihn das Gleiche ist, wie der Tauschwert einer Ware!
2 Möglicherweise ist der ´Tauschwert einer Ware´ für Smith das Gleiche wie der ´Wert der Ware´, weil er den Nebensatz gleich mit ´Wert´ weiter führt.
3 Hier sieht er nun ein, daß die Größe Arbeit (im Sinne von Energiemenge, welche während der Tätigkeit Arbeit verbraucht wird) ziemlich schwierig zu messen ist und begeht einen kategorischen Fehler, in dem er Größe (hier Tauschwert) gleich reale Menge (hier Ware) setzt. Diese Gleichsetzung widerspricht dem naturwissenschaftlich anerkannten Prinzip der kategorischen Trennung von Größen und realen Mengen!

1821 bei David Ricardo

„Der Wert einer Ware ist stets bestimmt durch das Quantum der ihr einverleibten Arbeit.“ Ricardo: The principles of Pol. Econ., 3. ed., Lond. 1821, p. 334., zitiert in KM1, S. 69, Fn 20

Kommentar: Es ist die Frage, ob Ricardo Arbeit im Sinne von Tätigkeit oder im Sinne der physikalischen Größe meint. Wenn er mit Arbeit eine Tätigkeit meint, dann ist seine Aussage falsch, wenn er Arbeit als physikalische Größe meint, dann könnte er stimmen, weil der Wert einer Ware auch eine Größe ist.

„Bei Ricardo findet man keinen Aufschluß über den inneren Zusammenhang zwischen Wert und Wertform oder Tauschwert.“ KM1, S. 98, Fn 36

Kommentar: Marx könnte hier mit Wert den Produktwert gemeint haben. Mit innerem Zusammenhang könnte er die Beziehung τ1 = p2 meinen, welche in seinen 3 Bänden aber auch nirgendwo auftaucht.

Marx über Ricardo´s Werttheorie: „Ricardos Analyse der Wertgröße – ist zwar unzulänglich, aber die beste die wir haben.“ KM1, S. 94, Fn 31

1825 bei S Bailey

„Das der Wert jeder Waren ihr Verhältnis im Austausch bezeichnet, können wir ihn bezeichnen als … Kornwert, Tuchwert, je nach der Ware, mit der sie verglichen wird; und daher gibt es tausend verschiedene Arten von Werten, so viele, wie Waren vorhanden sind, und alle sind gleich real und gleich nominell.“ S. Bailey: A Critical Dissertation on the Nature, Measures, and Causes of Value; chiefly in reference to the writings of Mr. Ricardo and his followers. By the Author of Essays on the Formation etc. of Opinions, London 1825, p. 39., zitiert in KM1, S. 77, Fn 23

Kommentar: Bailey könnte mir ´Wert jeder Ware´ den Tauschwert einer Ware gemeint haben, weil der Tauschwert einer Ware der Produktwert jener Ware ist, gegen welche Ware 1 getauscht wird. Wird Warenmenge W1 gegen Korn oder Tuch getauscht, dann ist der Tauschwert der Ware 1 gleich dem Produktwert der Kornmenge (τW1 = pKornmenge) oder dem der Tuchmenge ( τW1 = pTuch).

1826 bei Destutt de Tracy

„Alle Dinge, die den Reichtum bilden1, repräsentieren die Arbeit, die sie geschaffen hat, aber andrerseits erhalten sie vom Wert der Arbeit2 zwei verschiedenen Werte (Gebrauchswert und Tauschwert)3.

Kommentare:
1 Mit ´allen Dingen, die den Reichtum bilden´ meint Destutt die Waren, welche durch eine menschliche Tätigkeit hergestellt wurden und zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dienen.
2 Da er von Arbeit als Tätigkeit spricht, meint er mit ´Wert der Arbeit´ bestimmt eine Größe. (Für die Freaks: Wenn er von der Arbeit als physikalische Größe sprechen würde, dann müßte er mit ´Wert der Arbeit´ einen Größenwert meinen, z.B. 10 Newtonmeter, wenn man ein Gewicht von 1 kg im Schwerefeld der Erde 1 Meter hoch hebt.)
3 Wir nehmen aber mal an, daß er mit ´Wert der Arbeit´ eine Größe meint, dann bleibt die Frage, mit welchen funktionalen Zusammenhängen er vom ´Wert der Arbeit´ auf den Gebrauchswert und den Tauschwert kommt?

1865 bei Karl Marx

„Der Warenwert, dessen fertige Gestalt der Geldwert, ist sehr inhaltslos und einfach – dennoch hat der Menschengeist sie seit 2000 Jahren vergeblich versucht zu ergründen.“ KM1, S.11

Kommentar: Leider hat auch Marx bei der Definition des Warenwertes gegen naturwissenschaftlich anerkannte Prinzipien verstoßen (siehe seine Wertformen I bis III), weshalb die obige Aussage korrekterweise wie folgt lauten muß: ´Der Tauschwert einer Ware ist gleich dem Produktwert des Geldes (τWare = pGeldmenge).´

„Der Ausdruck der Warenwerte in Gold ist ideell1, so daß zu dieser Operation auch nur vorgestelltes oder ideelles Gold anwendbar ist2. Jeder Warenhüter weiß, daß er seine Waren noch lange nicht vergoldet, wenn er ihrem Wert die Form des Preises oder vorgestellte Goldform gibt3, und daß er kein Quentchen wirkliches Gold braucht, um Millionen Warenwerte in Gold zu schätzen4. In seiner Funktion des Wertmaßes dient das Geld daher – als nur vorgestelltes oder ideelles Geld.5“ KM1, S. 110ff

Kommentar:
1 Mit Warenwert meint Marx hier sicherlich den Produktwert einer Warenmenge (z.B. die Arbeitszeit, welche zur Herstellung eines Teppichs nötig ist). Der Produktwert ist eine Größe und wird als Vielfaches einer Zeiteinheit ausgedrückt (z.B. pTeppich = 100 h). Größen (wie z.B. der Produktwert) sind eine völlig andere Kategorie als reale Mengen (z.B. der Teppich) und können generell nicht als Vielfaches einer Menge ausgedrückt werden. Größen spiegeln Eigenschaften realer Mengen wider, welche genauso real sind wie die Menge selber.
2 Der Produktwert einer Warenmenge wird als Vielfaches einer Zeiteinheit ausgedrückt, so daß für diesen Ausdruck überhaupt kein Gold notwendig ist.
3 Hier verwechselt Marx zwei Größen, den Tauschwert mit dem Produktwert, und Größe mit Menge (Tauschwert mit Preis). Der Wert der Waren ist deren Produktwert. Der Warenhüter möchte seine Waren verkaufen, also gegen Geld tauschen (W D G). Mit dem Tausch erhält er für den Produktwert der Ware den Produktwert des Geldes, was als der Tauschwert der Ware definiert ist: τW = pG. Das, was man für den Erhalt der Ware weggibt, ist der Preis. Angenommen, der Teppichhändler will für seinen Teppich 1 g Gold haben, dann ist das für den Käufer der Preis des Teppichs. Der Preis ist aber reale Menge und kann demzufolge keine Größe sein. Der Teppichhändler wiederum weiß, daß er noch lange keine Gold hat, wenn er an seinen Teppich das Preisschild „1 g Gold“ hängt. Er braucht nämlich erst einen Käufer, der ihm für den Teppich für 1 g Gold gibt.
4 Die Produktwerte aller Waren sind Vielfaches einer Zeiteinheit, so daß zur Angabe des Produktwertes überhaupt kein Gold nötig ist. (Marx verwechselt wie so oft Tauschwert mit Produktwert und Preis.)
5

„Das Wesen und die Funktionen des Geldes können nur aus dem Wert der Ware heraus entwickelt und verstanden werden.“ K Marx: Das Kapital, Bd 3, S. 203

Kommentar: Marx läßt leider offen, welche Größe er unter Warenwert versteht: Produktwert, Gebrauchswert oder Tauschwert?