Waren

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Karl Marx 1859 in Kritik der Politischen Ökonomie

„Die Ware ist zunächst, in der Sprachweise der englischen Ökonomen, ´irgendein Ding, notwendig, nützlich, oder angenehm für das Leben´, Gegenstand menschlicher Bedürfnisse, Lebensmittel im weitesten Sinne des Wortes.“ KPO, S.15

Kommentar: Marx unterscheidet leider nicht konsequent zwischen Produkt und Ware.

„Jede Ware stellt sich unter dem doppelten Gesichtspunkt von Gebrauchswert und Tauschwert dar.“ KPO, S. 15 mit Verweis auf De Republika von Aristoteles

Übersetzung: Jede Ware hat mehrere Eigenschaften. Aus ökonomischer Sicht interessieren davon die Möglichkeit ein menschliches Bedürfis zu befriedigen (der Gebrauchswert) und gegen eine andere Ware ein- bzw. austauschbar zu sein, was ebenfalls ein Bedürfnis des Produzenten erfüllen würde und damit auch zum Gebrauchswert gehört. Zu den vielen Dimensionen des Gebrauchswertes bzw. den tensoriellen Eigenschaften dieser Größe siehe Artikel Gebrauchswert In der konsIkon.

„Die Ware ist zunächst, in der Sprachweise der englischen Ökonomen, ´irgendein Ding, notwendig, nützlich, oder angenehm für das Leben´, Gegenstand menschlicher Bedürfnisse, Lebensmittel im weitesten Sinne des Wortes.“ KPO, S. 15

Kommentar: Marx unterscheidet leider nicht konsequent zwischen Produkt und Ware.

„Ihrer natürlichen Eigentümlichkeit gemäß besitzen verschiedene Gebrauchswerte verschiedene Maße, z.B. Scheffel Weizen, Buch Papier, Elle Leinwand usw.“ KPO, S. 15

Kommentar: Marx gebraucht ein und das Selbe Wort Gebrauchswert für die Bezeichnung völlig verschiedener Kategorien: einmal zur Bezeichnung von Gegenständen mit Gebrauchswert und einmal als Größe, weil nur Größen Maßeinheiten haben. Die aufgeführten ´Maße´ (Scheffel Weizen, Elle Leinwand) sind aber Mengenangaben und keine Größeneinheiten. Ein Scheffel ist eine Volumeneinheit, in Verbindung mit einer Stoffbezeichnung wird es aber zur Mengenangabe. Eine Elle ist eine Längeneinheit, in Verbindung mit einer Stoffbezeichnung wird es zu einer Mengenangabe. Marx unterscheidet also nicht zwischen realer Menge (1 Scheffel Weizen) und der Größe Gebrauchswert – ein fataler Fehler.

„Der Tauschwert erscheint zunächst als quantitatives Verhältnis, worin Gebrauchswerte gegeneinander austauschbar. In solchem Verhältnis bilden sie dieselbe Tauschgröße. So mögen 1 Band Properz und 8 Unzen Schnupftabak derselbe Tauschwert sein, trotz der disparaten Gebrauchswerte von Tabak und Elegie. Als Tauschwert ist ein Gebrauchswert grade so viel wert wie der andere, wenn nur in richtiger Portion vorhanden. Der Tauschwert eines Palastes kann in bestimmter Anzahl von Stiefelwichsbüchsen ausgedrückt werden. Londoner Stiefelwichsfabrikanten haben umgekehrt den Tauschwert ihrer multiplizierten Büchsen in Palästen ausgedrückt.“ KPO, S.16

Kommentierung vom …
1. Satz: im Artikel Tauschwert der old econ.

2.Satz: Hier finden wir bei Marx den ersten Hinweis darauf, daß es sich bei Tauschwert um eine Größe handelt!

3. Satz: Bei ´1 Band Properz´ handelt es sich um eine reale Menge, ebenso bei ´8 Unzen Schnupftabak´. In beiden Produktmengen steckt menschliche Arbeitszeit, so daß sie einen Produktwert haben. Wird 1 Band Properz gegen 8 Unzen Schnupftabak getauscht, so entspricht der Produktwert von 8 uz Schnupftabak dem Tauschwert von 1 Band Properz und der Prouktwert von 1 Band Properz dem Tauschwert von 8 uz Schnupftabak. In Formeln ausgedrückt: τProperzmenge = pSchnupftabakmenge und τSchnupftabakmenge = p Properzmenge, oder τ1 = p2 und τ2 = p1. Völlig richtig, daß die Bedürfnisse, welche Properz und Schnupftabak befriedigen ganz unterschiedlicher Art sind.

4. Satz: Marx verwendet hier die Begriffe Tauschwert und Gebrauchswert als Synonyme für Waren, weshalb der Satz wie folgt lauten müßte: ´Ware 1 ist gerade soviel wert wie Ware 2. ´ – korrekterweise: Der Tauschwert von Ware 1 entspricht dem Produktwert von Ware 2 und vice versa.

5. Satz: Nicht ganz richtig. Korrekterweise müßte der Satz wie folgt lauten: ´Der Tauschwert eines Palastes kann als Produktwert einer bestimmten Anzahl von Stiefelwichsbüchsen ausgedrückt werden. ´ (oder τPalast = p von n Stiefelwichsbüchsen).

6. Satz: Wenn Marx seine Ausführungen konsequent bis zu Ende gedacht hätte, wäre er hier schon dahinter gekommen, daß es sich bei Austausch um eine symmetrische Beziehung handelt und somit jede Ware einen Tauschwert hat! Auch die Stiefelwichsbüchsen haben einen Tauschwert, nämlich den Produktwert des Palastes (τStiefelwichsbüchsen = pPalast)- vorausgesetzt, daß Palast und Stiefelwichsbüchsen gegeneinander getauscht werden!

Karl Marx 1865 im Kapital

„Die Ware ist ein Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt.“ KM1, S. 49

Marx unterscheidet an dieser Stelle noch nicht, daß eine Ware ein Produkt ist, welches gegen ein anderes Produkt getauscht wird (siehe die Warendefinition in der konsIkon). Mit dem Begriff ´Ware´ setzt er implizit sofort den Austausch zweier Produkte voraus. Der Austausch beruht aber auf den Gebrauchswertbedingungen, deren Gültigkeit ebenfalls instantan unterstellt wird, ohne sie vorher irgendwo erörtert zu haben.

„Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität. Jedes Ding ist ein Ganzes vieler Eigenschaften.“ KM1, S. 102

Es ist leider nicht überliefert, was Marx in diesem Kontext unter Qualität und Quantität versteht. Welche Bedeutungen hat der Begriff Qualität? Die wohl umgangssprachlichste Verwendung von Qualität ist im Sinne von ´gute Beschaffengheit, solide Verarbeitung, Langlebigkeit, Güte, hochwertig, guter Zustand´. In der Wortkombination ´Quantität und Qualität´ bekommt das Wort ´Qualität´ eine neue Bedeutung. Die Werte physikalischer Größen werden immer als ´Maßzahl * Einheit´ dargestellt (z.B. 10 m, 50 kg oder 100 km/h). Der Wert einer Größe (z.B. 5 Stunden) ist immer das Vielfache (hier gleich 5) einer Größeneinheit (hier gleich 1 Stunde). Das Vielfache ist eine Zahl, so daß der Begriff ´Quantität´ der Maßzahl zugeordnet wird. Sowohl die Größe (z.B. das Gewicht) als auch die Größeneinheit (Kilogramm) werden dann dem Begriff ´Qualität´ zugeordnet. Desweiteren muß man an dieser Stelle mit dem Mengen-Eigenschaften-Größen-Werte-Modell der Naturwissenschaften vertraut sein (siehe Link). Reale Mengen haben eine Vielzahl von Eigenschaften, manche Eigenschaften lassen sich durch Größen ausdrücken deren Werte wiederum das Vielfache eines Größeneinheit sind. Eisen und Papier sind also reale Mengen, die eine Reihe von Eigenschaften haben (z.B. eine Masse, eine räumliche Ausdehnung, u.a.). Diese Eigenschaften lassen sich durch Größen beschreiben, die wiederum einen Wert haben. Wiegt das von uns betrachtet Eisen z.B. 5 kg, dann sind 5 kg die Quantität und Qualität des Wertes der Größe Gewicht. Reale Mengen werden meistens durch eine Größer ihrer Eigenschaften und dem zugrundeliegenden Stoff bezeichnet: 5 kg Eisen. Beim Papier interessiert man sich meistens nicht nur für das Gewicht, sondern auch wie dick, dünn oder groß der Bogen Papier ist. Mit ´groß´ sind hier die Abmessungen und die Fläche des Bogens Papier gemeint (z.B. 21 x 29 cm²), die Papierstärke wird meist über das Flächengewicht angegeben (z.B. 80 g/m²). Eine reale Menge Papier wird dann noch über die Anzahl der Bögen pro Packen bezeichnet, z.B. 500 Bögen Papier A4 mit einem Flächengewicht von 80 g/m². Eine Eigenschaft des Papiers wäre dann noch seine Farbe. Bei der Farbe haben wir es z.B. mit einer Eigenschaft zu tun, die nicht in Form einer Größe ausgedrückt wird, sonder einfach durch ihre verschiedenen Ausprägungen: weiß, gelb, braun, grün, etc.pp. Die Farbe ist dann eine ´Qualität´ ohne ´Quantität´.

„Die Dinge A und B sind nicht Waren vor dem Austausch, sondern werden es erst durch denselben.“ KM1, S.102

Kommentar: Hier sieht Marx endlich ein, was ein Produkt zur Ware macht: der Austausch gegen ein anderes Produkte!.

Friedrich Engels 1883

„Um Ware zu werden, muß das Produkt dem anderen (Tauschpartner) durch den Austausch übertragen werden. Ich mache diesen Einschub, weil durch dessen Weglassung sehr häufig das Mißverständnis entstanden ist, jedes Produkt, das von einem anderen als dem Produzenten konsumiert wird, gelte bei Marx als Ware.“ FE in KM1, S. 55

Kommentar: Engels bezieht sich 18 Jahre später auf den Marxschen Satz „Die Dinge A und B sind nicht Waren vor dem Austausch, sondern werden es erst durch denselben.“ KM1, S. 102. Die Mißverständnisse kommen daher, daß Marx verschiedene Kategorien synonym füreinander verwendet, wie z.B. Ware und Gebrauchswert. Außerdem scheint Engels die Warendefinition irgendwie selber noch nicht richtig begriffen zu haben. Ein Produkt, was von jemanden anderen als dem Produzenten konsumiert wird, muß diesem anderen ja irgendwie übertragen worden sein – ist zwischendurch also mal zur Ware geworden. Da Engels vom Austausch redet, schließe ich Diebstahl und Raub als Übertragungsmöglichkeit aus. Wenn Person A also ein Produkt P herstellt und Person B es konsumiert, ist das Produkt bei der Übertragung von A zu B zur Ware geworden.

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Artikel Ware in der konsIkon